von Marzia Sansoni, PR Consultant bei Kontx Kommunikation
Wie können Unternehmen erfolgreich mit Corporate Influencern arbeiten. Drei erfahrene Praktiker: Jürgen Schmitt (ehemaliger Banker, heute Corporate Content Creator), Silva Imken (Marketingleiterin bei Dr. Hauschka) und Petra Bernhardt (Pionierin und Beraterin für Corporate-Influencer-Programme) teilten ihre Erfahrungen, Erfolge und Stolpersteine im Gespräch mit Bettina Gebhardt von Kontx Kommunikation.
Im Zentrum stand die Erkenntnis: Menschen folgen Menschen, nicht Logos. Authentizität, Persönlichkeit und echte Interaktion sind entscheidend. Tools allein reichen nicht. Erfolgreiche Corporate Influencer kombinieren fachliche Kompetenz mit persönlichen Einblicken, binden ihre Community aktiv ein und verstehen Social Media als Dialog, nicht als Einbahnstrasse.
Die wichtigsten Take Aways für Unternehmen: Klein anfangen, Freiwillige fördern, individuelle Stärken nutzen und den Beteiligten Zeit geben, ihre Stimme zu entwickeln. Corporate Influencer sind keine Modeerscheinung, sondern eine langfristige Chance für Markenaufbau, Recruiting und Kundenbindung, vorausgesetzt, Menschen und nicht nur Plattformen stehen im Mittelpunkt.
Jürgen: Ich bin vom Handel in die Content Creation gekommen. 22 Jahre war ich Händler an der Börse. Dann war der Job plötzlich weg und ich musste mich neu orientieren. Wenn man über den Tellerrand schaut, findet man viele Themen, die sich auch auf Social Media darstellen lassen. Das war meine Idee: Lasst uns darüber reden.
Ich sehe mich nicht als Influencer, sondern als Corporate Content Creator. Das „I“ steht für mich für Inspiration und Information. Ich gebe Einblicke in meinen Job.
Ich bin intrinsisch motiviert aus dem Handel gekommen, wurde gekündigt und wollte etwas Positives daraus machen. In der Bank war ich jemand, der von sich aus aufgestanden ist und gesagt hat: „Lass uns darüber reden.“ Durch meinen fachlichen Hintergrund kann ich Themen fundiert erklären. Das tut der Bank gut.
Jürgen: Das habe ich vor fünf Jahren gestartet. Es ist kuratierter Content der Bank: Trends und Themen von morgen, ohne Werbung für Produkte oder Dienstleistungen. Wir beleuchten Zukunftsthemen, die die Bank, die Finanzindustrie und unsere Kundschaft betreffen. Wenn man solche Themen anstösst, kommt die Fantasie der Leute ins Spiel und damit Ideen und Inputs. Reagiert man konstruktiv, entstehen tolle Diskussionen und Reichweite.
Unterstützt wird das durch meinen eigenen Account, Menschen folgen Menschen. Auf der Corporate-Seite poste ich einmal pro Woche, aber auf meinem privaten Account kann ich zusätzlich erzählen, wo ich bin, welche Ideen wir haben, und auch die Community einbeziehen. Oft nehme ich deren Fragen direkt mit in unsere Clips. Es ist von der Community für die Community.
Silva: Ich teile Themen, die mich bewegen. Mir ist gar nicht so bewusst, dass ich als Corporate Influencerin wirke. Mit meinem PR-Hintergrund habe ich Social Media früher vor allem genutzt, um für meine Arbeitgeber die Werbetrommel zu rühren z. B. für Awards oder Produkte. Persönliche Stories hätte ich früher nie geteilt, weil ich dachte, das interessiert niemanden.
Das mit dem HR-Fokus hat seinen Grund. Meinen Arbeitgeber Wala Schweiz, der Dr. Hauschka und Wala Arzneimittel vereint, ist ein KMU und nicht so bekannt. Recruiting war schwierig. Wir hatten Probleme mit Fluktuation Also habe ich angefangen, auf LinkedIn aktiv zu werden, um Aufmerksamkeit zu schaffen. Das hat funktioniert, und ich habe mich getraut, mehr auszuprobieren. Eine Zeit lang hielten mich viele für HR-Verantwortliche. Heute spiele ich Themen, die mich beschäftigen, authentisch und ohne mich zu verstellen. Meine kleine Community versteht und schätzt das.
Petra: Ich war immer ruhelos, Stillstand ist nichts für mich. Ich habe nach Themen gesucht, die für mein Unternehmen relevant sein könnten. Damals habe ich gemerkt: Wir brauchen die Mitarbeitenden, um die Marke zu stärken. Also habe ich ihnen gezeigt, wie Social Media funktioniert. LinkedIn war für mich das wichtigste Business-Netzwerk. Ich habe interne Strukturen verändert, Newsletter neu gestaltet und Formate wie „Mitarbeitende der Woche“ eingeführt.
Damals hatte der Begriff „Corporate Influencer“ in Deutschland noch keinen Bekanntheitsgrad. 2018 habe ich den ersten Corporate Influencer Day organisiert mit 50 Teilnehmenden. Heute sind es 500, und ich berate Unternehmen beim Aufbau solcher Programme.
Petra: Tools sind nur Mittel zum Zweck. Wenn die Leute nicht verstehen, warum sie etwas tun, nicht motiviert sind, bringt das beste Tool nichts. Viele Unternehmen kaufen Lizenzen und sagen: „Jetzt macht mal.“ Aber ohne Schulung, Hilfestellung und Feedback passiert nichts.
Jürgen: Egal, wie gross die Organisation ist, wahrgenommen werde ich als Person. Mein Gesicht, meine Stimme, meine persönliche Perspektive schaffen Vertrauen. Finanzthemen sind oft trocken, aber persönliche Anekdoten machen sie zugänglicher. Vertrauen ist die Basis, gerade in der Finanzbranche.
Silva: Nein, weil ich immer in einem für mich akzeptablen Rahmen bleibe. Ich erzähle nichts, was mir unangenehm oder anderen peinlich wäre. Genau dieser persönliche Einblick macht es interessant. Reine Unternehmensnews wirken wie Pressetexte und das interessiert auf LinkedIn niemanden.
Petra: Jeder muss selbst entscheiden, wie viel er preisgibt. Ganz ohne Persönlichkeit funktioniert es nicht. Ich empfehle, klein anzufangen, mit einem Foto vom Arbeitsplatz oder eine kurze Alltagsszene. Das schafft Vertrauen und macht Botschaften glaubwürdig.
Jürgen: Viele. Vor einem Krypto-Interview habe ich beispielsweise auf LinkedIn gefragt, welche Fragen ich stellen soll. Die Community hat spannende Vorschläge gemacht, von denen einige ins Gespräch eingeflossen sind. Das stärkt die Bindung.
Silva: Ja, das kommt immer wieder vor. Bei einer Produktfrage zum Beispiel, die in eine Diskussion über Nachhaltigkeit führte. Das habe ich dann zum Anlass genommen, das Thema zu vertiefen. Der Beitrag löste viele Kommentare aus, weil es nicht nur Werbung war.
Petra: Als ein Unternehmen Social-Media-Aktivitäten seiner Mitarbeitenden stoppen wollte, gab es eine grosse Diskussion. Viele brachten konstruktive Vorschläge ein und das Unternehmen ist teilweise zurückgerudert. Das zeigt die Kraft einer Community.
Petra: Genau. Ohne echte Gespräche ist Reichweite wertlos.
Jürgen: Lieber 500 aktive Mitdenker als 5.000 stille Mitleser.
Silva: Sehe ich genauso. Engagement ist der eigentliche Wert.
Petra: Klein anfangen, mit Freiwilligen. Erfolge sichtbar machen.
Jürgen: Freiheit und Vertrauen geben. Authentizität ist entscheidend.
Silva: Unterstützen, aber die Menschen sie selbst bleiben lassen. Geduld haben, es ist Sprint sondern ein Marathon.
Kontx Kommunikation unterstützt Organisationen beim Aufbau entsprechender Initiativen durch strategische Beratung, Coaching der Mitarbeitenden, Optimierung von LinkedIn-Profilen sowie die Entwicklung passender Content-Strategien. Ziel ist es, authentische und relevante Inhalte zu schaffen, die sowohl intern als auch extern Wirkung entfalten. https://www.kontx.ch/leistungen/agentur-fuer-corporate-influencer/