Die neue Ära des Brand Buildings: Empathische Markenführung

«Corona demaskiert die auf Hochglanz polierten Marketingfassaden und zeigt die echte Substanz.» (Klaus-Dieter Koch, BrandTrust, Horizont im April 2020)

  • Greta Thunberg und die Covid-Krise haben Konsument*innen viel stärker für Marken und deren Wert sensibilisiert.
  • Marken müssen viel klarer als zuvor Versprechen einhalten und ihren Mehrwert erklären.
  • Sinnhaftigkeit und Purpose einer Marke waren die Schlagworte der vergangenen Jahre.
  • Viele Unternehmen haben einiges darangesetzt, ihrer Marke Purpose zu verleihen.
  • Aber reicht das jetzt noch aus?
  • Eine neue Ära des Brand Buildings bricht an.

Seit geraumer Zeit hinterfragen Konsument*innen, Marken und deren Wert deutlich kritischer. Angefangen hat es mit Greta Thunberg, die viele Menschen mit ihrer «Fridays for future»-Bewegung zum Umdenken bewogen hat. Doch rumort hat es bei vielen Konsument*innen bereits vorher, unter anderem seit die sozialen Medien Marken zu Heros oder Loosern machen und Debatten über ethisch korrekte Marken befeuert haben. Covid 19 und seine Folgen haben dazu geführt, dass sowohl Konsument*innen als auch Marken zunehmend verunsichert reagieren. Verbraucher*innen beginnen sich zu fragen, warum sie Markenprodukte kaufen sollen und ob die erworbenen Artikel wirklich nachhaltig, ethisch korrekt und ressourcenschonend hergestellt wurden.

Marken müssen ihr Handeln überdenken und neu kommunizieren

Die drängende Klimafrage und auch die Folgen von Covid19 haben eine neue Generation kritischer Konsument*innen gewissermassen über Nacht zu einem fulminanten Mind-Change bewogen. Ihr Markenverständnis hat sich grundlegend verändert, ihr Markenbewusstsein wurde geschärft, ein Umdenken findet immer stärker statt. Sie lassen sich nur ungern länger von Markenherstellern und Marketers einreden, dass sie eine Marke unbedingt kaufen müssen, um dadurch gesünder zu leben oder cooler auszusehen. Vielmehr möchten sich die Konsument*innen von diesen Zwängen lösen und mit dem Kauf eines Produkts ein Zeichen setzen, eine Wirkung erzielen. Sie fragen sich, ob es wirklich die teuren Markenprodukte aus Übersee oder Asien sein müssen oder sind auch die kleinen regionalen Marken eine Option? Sie möchten ihren Bäcker um die Ecke unterstützen, damit er überlebt, ihren Lieblingsitaliener und die Kleider-Boutique, die in der Region Ausbildungs- und Arbeitsplätze sichert und vielleicht die Existenzsicherung regionaler Zulieferer bedeutet.

Marken befinden sich unter Rechtfertigungsdruck ganz nach dem Motto, raus aus dem Marketingjargon, rein in ein wertebasiertes Storytelling: Reiner Purpose reicht nicht mehr aus. Marken müssen Konsument*innen überzeugen und das auf eine ehrliche, nachhaltige Weise, nicht, weil es die Produktstrategen so verlangen. Die Zeit des Drucks aus Konzernzentralen und dem Einzelhandel «Dieses Produkt hat der Konsument so gewollt», neigt sich dem Ende zu.

Marken sind nun gefordert, ihr Brand Building und Storytelling zu überdenken und die eigene Markenpersönlichkeit nicht nur weiterzuentwickeln, sondern klarer herauszuarbeiten. Die wirtschaftlichen und vor allem auch gesellschaftlichen Veränderungen der letzten Monate bilden den Rahmen:

  • Sympathie und Vertrauen gelten zunehmend lokalen Produkten und Märkten.
  • Die Digitalisierung schreitet unaufhaltsam voran. Auch ältere Bevölkerungsschichten werden zunehmend erreicht. Online-Shopping hat an Bedeutung gewonnen. Das Kontakt halten, Nähe und Emotionen leben, läuft nun auch über digitale Plattformen. Das wäre noch vor einem Jahr schwer vorstellbar gewesen.
  • Bei den Menschen hat ein Umdenken in Bezug auf Verhalten und Konsum eingesetzt.
  • Unsere Gesellschaft erlebt aktuell eine tiefgreifende Verunsicherung, die nach Orientierung und Werten verlangt.

Was kann Brand Building bewirken – Marken-Identität durch empathische Markenführung

Konsument*innen haben ihr Konsumverhalten grundlegend verändert. Lebensstile, Gewohnheiten werden hinterfragt, der Konsument entscheidet bewusster, auch was sein Kaufverhalten angeht. Nachhaltigkeit, Werte und gesellschaftliche Verantwortung werden beim Kauf von Marken zu wichtigen Kriterien. Mit Marketingfloskeln lassen sich Konsument*innen immer weniger abspeisen.

Wie also können Marken diesem Wandel begegnen? Sie benötigen einen sozialen, ökologischen und gesellschaftlichen Kompass. Die oben skizzierten Themen zeigen klar auf, was Konsument*innen von Marken erwarten: Empathische Markenführung, die die Bedürfnisse, Wünsche und Werte ihrer Zielgruppen erkennt und gleichzeitig auch für sich als Marke dieselben Standards ansetzt. Dies wird Konsumgüterhersteller in den kommenden Jahren leiten.

Diese Veränderung braucht eine neue Art des Storytellings, das sich grundlegend vom bisherigen Herausstellen von Produktfeatures, Gesundheits- oder Schönheitsversprechen unterscheidet und bereit ist, gesellschaftliches Handeln in den Mittelpunkt zu rücken. Die Aufhänger für Storytelling sind vielfältig, müssen aber mit Nachdruck verfolgt werden. Beispielhaft zu nennen:

  • Die Marke als zu einer spezifischen Zielgruppe zugehörig positionieren, indem deren Werte kommuniziert werden.
  • Eine Marke muss sich in die Lebenssituation ihrer Zielgruppe hineinversetzen können.
  • Die soziale Komponente einer Marke wird ein Hauptkriterium, z.B. der regionale Fussabdruck.
  • Die Handlungen einer Marke müssen widerspruchsreif zu ihren Versprechen stehen.
  • Die Gesichter hinter einer Marke und deren Handlungsweisen werden Kaufentscheidungen massgeblich beeinflussen: lokal, nachhaltige Produktion, fair produzierte Rohstoffe, Menschenrechte, Tierwohl.
  • Transparenz bietet die Chance zur Profilierung einer Marke.

Marken müssen in Zukunft klar kommunizieren, wer sie sind, wo sie verankert sind, wem sie gehören, welchen Zweck sie verfolgen, wofür sie stehen und wofür nicht. Nur so können Konsument*innen einschätzen, welche Wirkung sie mit ihrem Kauf eines Produkts erzielen. Diese Neuausrichtung des Brand Buildings bietet Marken die Chance zur Differenzierung und Markenprofilierung und zu einer ehrlichen Auseinandersetzung mit den Wünschen und Anliegen von Konsument*innen.

Quellen: