von Bettina Gebhardt, Inhaberin und Geschäftsführerin von Kontx Kommunikation
Trump als Papst ist wohl das aktuell berühmteste KI-generierte Bild. KI-generierte Bilder beleben nicht nur die sozialen Medien, sie werden auch zunehmend in der Kommunikation und für Storytelling eingesetzt. Nicht alle KI-generierten Bilder lassen sich aber als solche identifizieren. Wie verändert KI die Markenkommunikation in der Zukunft? Welche Chancen und welche Herausforderungen birgt sie? Wir haben mit Peter Kraus, Dipl.-Komm.-Designer & Freiberuflicher Creativ Direktor sowie langjähriger Partner von Kontx Kommunikation gesprochen.
Die Kommunikationsbranche wird sich durch KI-generierte Texte, Bilder und Informationen noch mehr perfektionieren und vielseitiger aufstellen. Die Geschwindigkeit und Effizienz der Content-Produktion wird substanziell steigen, da Marken in wenigen Sekunden neue visuelle Konzepte erstellen können. Der Content wird individueller sein. Der sogenannte «hyperpersonalisierte Content» wird sich dynamisch – basierend auf Zielgruppen, Stimmungen und individuellen Vorlieben – anpassen. Markenauftritte werden flexibler, da Unternehmen mithilfe von KI ihre Bildsprache ständig weiterentwickeln und ohne grossen Aufwand das Corporate Design integrativ mitgenerieren. Gleichzeitig entstehen völlig neue visuelle Möglichkeiten. Die gesamte Kommunikation könnte surrealer, interaktiver und immersiver werden: Virtual Reality (VR), Augmented Reality (AR), Gaming, Film und Kunst können komplett miteinander verwoben sein.
Ich kann mir gut vorstellen, dass in erster Linie Klarheit, nach Authentizität und Vertrauen, zentral wird. Werden Verbraucher:innen KI-generierte Werbung und Kommunikation glaubwürdig finden oder ist das gar nicht mehr wichtig? Hauptsache beeindruckend? Unternehmen müssen Strategien entwickeln, um Transparenz zu gewährleisten und Fälschungen sowie Manipulationen zu vermeiden. Darauf wird auch Kontx eine Antwort für ihre Kund:innen finden müssen.
Diese Revolution bringt riesige Chancen für Agenturen, Marken, Kreative und Konsument:innen mit sich. Es wird neue Berufe rund um das Thema KI geben. Jede Unternehmung, die mithalten will, wird neben einem IT-Menschen auch einen KI-Menschen benötigen, die komplexe KI-Prozesse begleiten können. Also in 10 Jahren ist bestimmt alles viel besser – wenn keine «Durchgeknallten» mit der KI Unsinn machen.
Heute reagieren bereits viele auf Bildmaterial oder Texte mit Kommentaren wie: «Das sind doch KI-Bilder, das ist doch mit der KI gemacht, das ist doch nicht echt?» Was ist denn echt? Ich sag mal so: Alles wird künstlich, nichts ist mehr echt.
«Gefakte Welten» wird zum Inbegriff einer verwirrenden alternativen Realität mit digitalen Umgebungen, manipulierten Informationen, die eine verzerrte Realität erzeugen. Eine Deepfake-Technologie, die eben alles echt täuschend nachmacht, verfälscht und uns danach sehnen lässt, in die «echte Welt» zurückzukommen.
Hier ein Film-Beispiel dazu: «Total Recall» aus dem Jahr 1990 mit Arnold Schwarzenegger hat schon mal vorgelegt. Der Film beruht auf der Kurzgeschichte von «Erinnerungen en gros» von Philip Kindred Dick. Dort dreht sich alles um das Konzept der manipulierten Realität durch künstliche Erinnerungen.
KI-generierte Bilder sind jetzt schon verblüffend realistisch und vielseitig. Wenn wir z. B. in die Politik schauen, sehen wir Regierungschefs an Orten miteinander tanzen, an denen man sie niemals gemeinsam vermuten würde. Es gibt Motive, die ganze Menschengruppen beeinflussen, positiv wie negativ. Die Bilder sind jetzt schon perfekt. KI-generierte Bilder können in vielen Bereichen eine riesige Chance sein. Ich kann mir gut vorstellen, dass sie zum Beispiel in der Medizin sehr hilfreich sein können.*
Ja, selbstverständlich. Es ist doch logisch und viel praktischer, wenn ich nicht mehr zum Shooting nach Sardinien fliegen muss, um einen schönen Sonnenuntergang mit einem Modell zu fotografieren. Wir reden hier über Geld, wie immer. Nachhaltigkeit, Zeit und Vielseitigkeit machen eine Reise überflüssig. Das ist zwar schade, aber die Vorteile überwiegen klar. Dank KI können alle arbeiten, von wo sie wollen: Die «Informationsnomaden» sind geboren. Der Ausdruck wurde von Stanisław Lem (Vordenker der Neuronalen Netze, virtuelle Realität und Künstliche Intelligenz), 1921 geboren, verwendet, um die moderne Informationsgesellschaft zu kritisieren.
Ja, da habe ich ein Beispiel. Für ein Energieberatungsunternehmen habe ich die KI mit gezielt formulierten Prompts gebrieft. Sie hat daraus ganze Welten mit Windkraftanlagen, Häusern mit Solardächern und riesigen Wasserhähnen, aus denen wunderschöne Bäche in eine traumhafte Alpenlandschaft rieseln, visualisiert. Die entstandenen Werke sind allerdings zu schön, um wahr zu sein. Vielleicht brauchen wir in Zukunft die Darstellung einer heilen vollkommenen Welt, da wir unsere schon ein wenig ramponiert haben, als Motivation für ein Umdenken und ein Reset?
Glaubwürdige KI-Bilder zu schaffen, die nicht steril oder generisch wirken, das wird die grosse Herausforderung sein. Es wird ein Spagat zwischen dem «richtigen Echt» und KI-generierten Bildern. Der Unterschied wird nicht zu erkennen sein. Für mich als Kreativdirektor wird das herausfordernd, denn jede Person kann diese KI-Welt bedienen, es wird alles kinderleicht.
Ein Kreativdirektor wird seine Aufgaben auch weiter in den kommenden Jahren so wie heute wahrnehmen, bloss mit dem Unterschied, dass er mit der KI ein Tool mehr hat, das er einsetzen kann. Ein Kreativdirektor ist wie ein Regisseur und hat auch schon in der Vergangenheit darauf geachtet, Ideen, egal ob für Corporate, Werbe-, Politik- oder Journalismusaufgaben, durch eine perfekte Orchestrierung, mit Einsatz von allen zur Verfügung stehenden Instrumenten, in ein top Ergebnis umzusetzen.
Es müssen Gesetze her, die eine klare Kennzeichnung von KI-generierten Bildern vorschreiben. Auch Lizenzmodelle für KI-Kunst, um Manipulation und Täuschung zu vermeiden, sind meiner Meinung nach entscheidend. Gerade in Politik, Werbung, Journalismus und Social Media ist die Beeinflussung und Steuerung der Menschen heute schon immens.
Aber ja, die KI wird immer präziser Muster in unserem Verhalten erkennen und daraus visuelle Interpretationen erschaffen. Nehmen wir doch einfach mal das Verfahren «Eye-Tracking», das, verbunden mit Algorithmen, das Blickverhalten speichert und offenlegt, wo wir zuerst hinschauen, wo wir wegschauen usw. bis ein Gesamtbild unserer Augenbewegungen erfasst ist. Schwubs – habe ich auf meinem Smartphone die Nachricht, dass noch Karten für das Konzert zu haben sind, weil ich zwei Mal am Tag immer wieder auf das Ankündigungsplakat für das Konzert auf Website X geschaut habe. Das ist wie Gedanken lesen. KI-Systeme lernen auch aus dem, was wir mit dem Smartphone machen: Basierend darauf können sie Bilder generieren, die genau den Emotionen und unbewussten Vorlieben entsprechen, die wir oft nicht einmal selbst bewusst wahrnehmen. Alles ist mit allem verknüpft: alle Apps, alle Mails, Bestellungen, Telefonate. Und ja, natürlich wird die KI bald auch das menschliche Denken ersetzen. Die Entwicklung bleibt nicht stehen. Beispiele gibt es bereits mit den neuronalen Netzwerken und selbstadaptiven Algorithmen. Die werden letztendlich zu künstlichen Synapsen.
Es wird eine postmoderne Revolution geben, es wird «Das richtige Echt» geben. Der Kreative, der «Das richtige Echt» ohne KI erschafft und in der Lage ist, sauber zu zeichnen und Skizzen zu scribbeln, wird wie ein Star gefeiert werden. Denn echte Bilder, die nicht mit KI generiert sind, werden sich nur wenige leisten können und wollen; weil es zu lange dauert, echte Bilder zu kreieren und da sie zu ungenau und individuell sind, da sie Mensch gemacht und nicht KI-generiert sind. Menschen machen Fehler und das wird in Zukunft noch weniger toleriert werden. Die KI hingegen wird immer fehlerfreier und sie wird alle Unstimmigkeiten korrigieren oder gar schleifen. KI wird überall eingesetzt werden und ein bestimmendes Element werden. «Der Grosse Bruder sieht dich.» Von 1984 von George Orwell ist aktueller denn je.
Peter Kraus
Dipl.-Komm.-Designer
Freiberuflicher Creativ Direktor
Langjähriger Kreativdirektor-Partner von Kontx Kommunikation
*Quellen: https://www.1000grad.de/blog/chatbot/ki-in-der-medizin-beispiele/; https://b-rayz.com/de/ki-in-der-medizin-beispiele/
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