Influencing im Wandel: Rechtliche Bestimmungen verändern das Blogging

Aus unserem Nachbarland Deutschland hört man immer mehr, dass Influencer rechtlich belangt werden, wenn sie ihre Posts nicht mit den Stichwörtern „Anzeige“ oder „Werbung“ kennzeichnen. Auch in der Schweiz hat man dieses Thema in Angriff genommen. Im Gespräch mit Kontx zeigt Rechtsanwalt Martin Steiger, welche rechtlichen Einschränkungen für Native Advertising und Influencing in der Schweiz gelten.

Die Schweizerische Lauterkeitskommission hat zu Beginn des Jahres eine neue und komplett überarbeitete Version ihrer Grundsätze veröffentlicht. Die Totalrevision sei nötig gewesen, da die alte Version nicht mehr alle Praktiken der Kommunikationswirtschaft abdeckte und sich an die neusten Entwicklungen anpassen musste.

Wie aber sieht die rechtliche Grundlage in der Schweiz aus? Was ist erlaubt und was ist strafbar? Was müssen Schweizer Blogger künftig beachten?

Wir haben Rechtsanwalt Martin Steiger einige Fragen gestellt und teilen seine Antworten in diesem Blogpost mit Ihnen.

Kontx: Blogger, Instagrammer und YouTuber in Deutschland kennzeichnen immer häufiger ihre Posts mit den Stichwörtern «Anzeige» oder «Werbung» aus Angst belangt zu werden. Sehen Sie auch für die Schweiz eine solche Entwicklung kommen?

Steiger: Auch in der Schweiz gilt: Werbung muss eindeutig erkennbar sein. Wer glaubwürdig sein möchte, legt Werbung online offen. Ich sehe auch in der Schweiz die Entwicklung hin zur Transparenz. Das hängt mit deutschen Vorbildern zusammen, wird aber auch von Unternehmen, die werben, immer häufiger ausdrücklich verlangt.

Kontx: Welche gesetzliche Grundlage gibt es für das sogenannte «Influencing» oder «Native Advertising»?

Steiger: «Influencing» oder «Native Advertising» fallen in der Schweiz – wie andere Werbung – unter die Wirtschaftsfreiheit. Das Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) hält in seinem Artikel 2 ausserdem folgenden Grundsatz fest:

«Unlauter und widerrechtlich ist jedes täuschende oder in anderer Weise gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstossende Verhalten oder Geschäftsgebaren, welches das Verhältnis zwischen Mitbewerbern oder zwischen Anbietern und Abnehmern beeinflusst.»

Für «Influencing» und «Native Advertising» bedeutet dieser Grundsatz, dass sie als Werbung eindeutig erkennbar sein müssen. Das geschieht durch einen deutlich sichtbaren Hinweis wie «Anzeige», «Sponsoring» oder «Werbung». In der Praxis ist der erwähnte Grundsatz allerdings ein Papiertiger, denn Schleichwerbung, also nicht gekennzeichnete Werbung, ist in der Schweiz nicht ausdrücklich strafbar. Zwar könnte vor Gericht geklagt werden, aber solche Verfahren sind selten, denn sie kosten viel Geld und Zeit.

Influencer in der Schweiz dürfen aber nicht vergessen, dass sie meist Publikum im Ausland haben. Sie fallen dadurch ohne weiteres unter die dortigen Regelungen für Werbung, die üblicherweise strenger sind als in der Schweiz. Ausserdem haben Plattformen wie YouTube eigene Richtlinien für Werbung. Wer solche Richtlinien verletzt, riskiert, seinen Account mit allen Followern, Kommentaren und Likes zu verlieren.

Kontx: Die Schweizer Lauterkeitskommission (SLK) hat in ihren Grundsätzen neu die Begriffe «Influencing», «Native Advertising», «Direktmarketing» und «Sponsoring» erwähnt. Was bedeutet das nun für Schweizer Influencer?

Steiger: Die Schweizer Lauterkeitskommission (SLK) versteht sich als unabhängige Institution zur Selbstkontrolle der Kommunikationsbranche. Seit Anfang 2019 erklärt sie sich ausdrücklich auch für «Influencing» und andere Werbung auf Plattformen wie Instagram, Tik Tok oder YouTube zuständig. Die SLK entscheidet, wenn jemand Beschwerde erhebt. Die Entscheide haben keine direkten rechtlichen Auswirkungen, denn sie sind nicht verbindlich. Das gilt übrigens auch für Verfahren beim Schweizer Presserat, der sich neuerdings ebenfalls für soziale Medien zuständig fühlt, soweit Journalismus betroffen ist.

Die Grundsätze und Entscheide der SLK sind dennoch hilfreich, denn man kann sich an ihnen orientieren. Die SLK versucht auszudeutschen, was in der Schweiz die wenigen gesetzlichen Regelungen und die wenige vorhandene Rechtsprechung für den Alltag in der Werbung bedeuten. So hält die SLK beispielsweise fest, dass immer offengelegt werden muss, wer welche Inhalte gesponsert hat. Sie stellt unter anderem auch klar, dass Werbung nicht nur bei direkter Bezahlung vorliegt, sondern auch bei Sachleistungen wie Gratis-Kleidern oder Hotel-Übernachtungen.

EVENTHINWEIS

Wer noch mehr zum Thema erfahren oder Martin Steiger gerne persönlich eine Frage stellen möchte, dem wird demnächst die Möglichkeit dazu geboten. Martin Steiger ist unser Speaker für den nächsten Kontx Talk am 20. Juni 2019, bei dem wir das Thema nochmals genauer beleuchten und diskutieren.

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