von Bettina Gebhardt, Inhaberin und Geschäftsführerin von Kontx Kommunikation 
Was bedeutet der so häufig gebrauchte Begriff ‘Purpose’? Im Kern geht es bei der Suche nach dem Purpose, auch Unternehmenszweck genannt, darum herauszufinden und genau zu beschreiben, warum das Unternehmen überhaupt existiert. Welche Absichten und Zielsetzungen verfolgt ein Unternehmen und welchen Nutzen bietet es Dritten. Kurz gesagt: Der Unternehmenszweck oder auf Deutsch Purpose genannt sagt aus, warum und wofür eine Marke oder ein Unternehmen steht. Profit als alleinige Daseinsberechtigung genügt daher längst nicht mehr. Stakeholder wie Kunden, Mitarbeitende, Medien und zunehmend auch Eigentümer bis hin zu Lieferantinnen verlangen heutzutage mehr.
Darüber hinaus ermöglicht ein klar definierter Purpose einen modernen Zugang zur Führung. Der klassische ‚command & control‘ Führungsstil ist dort überflüssig, wo sich Mitarbeitende in eine „gemeinsam vorgegebene Richtung“ bewegen. Somit ist Purpose ein Schlüssel zur Selbstorganisation und ermöglicht maximale Entscheidungsautonomie. Der Purpose ist die oberste Instanz und der zentrale Orientierungspunkt für alle Teams, Mitarbeiter und Managerinnen und somit Eckpfeiler moderner Führungs- und Arbeitskultur.
Hinter der Ambition mehr Sinnhaftigkeit durch den Purpose ins wirtschaftliche Treiben einfliessen zu lassen und einen zeitgemässeren Führungsstil zu ermöglichen, versteckt sich nicht lediglich die Sehnsucht nach mehr ‘feel-good’ Momenten am Arbeitsplatz, sondern unternehmerische Überlegung. Spätestens seit Simon Sinek wissen wir: „People don’t buy what you do, they buy why you do it“. Studien* von Accenture und McKinsey zeigen auf, dass Unternehmen mit einem klar definierten und ausreichend kommunizierten Unternehmenszweck wirtschaftlich langfristig erfolgreicher sind.
Kund:innen entscheiden sich beim Kauf eines Produkts bewusst für eine Marke
Aus meiner Sicht können besonders KMUs Purpose für sich als Ressource nutzen. Wenn sich Wettbewerb und Marktdruck erhöhen, ist die Verlockung gegeben, den Schwerpunkt auf Sales und gewinnorientierte Kommunikation zu setzen. Echte Kundenzentrierung und vertrauensvolle Kundenbeziehungen entstehen jedoch nicht durch marktschreierisches Auftreten. Kunden identifizieren sich vorrangig mit dem und treffen mit dem Kauf einer Ware eine bewusste Entscheidung für ein Unternehmen und eine Marke.
Wie sehr beschäftigen sich KMUs aber tatsächlich mit ihrem Purpose? Die kurze Antwort lautet: viel zu wenig. Kleine und mittelständische Unternehmen besitzen in dieser Hinsicht jedoch klare Vorteile, derer sie sich oft kaum bewusst sind und nutzen diese daher selten.
Bei KMUs sind die Mitarbeitenden nah an allem dran und bereit, sich einzubringen
Die häufige Nähe der Belegschaft zu den Unternehmensgründern bzw. der Unternehmensführung ermöglicht unmittelbare, persönliche Kommunikation über den Unternehmenszweck, Werte und Firmenkultur. In der tagtäglichen Interaktion kommuniziert das vorgelebte Verhalten der Führungskräfte viel mehr als gut platzierte Purpose-Poster im Empfangsbereich der Firma. Das ist sogleich Fluch als auch Segen.
Zusammengefasst, was kann ein Purpose bewirken, kulturell sowie wirtschaftlich?
- Purpose beantwortet die Sinnfrage und ermöglicht damit den unterschiedlichsten Anspruchsgruppen eine Identifikation mit dem Unternehmen und dessen Marken.
- Purpose erlaubt authentischer Kommunikation und führt zu stärkerer Kundenbindung.
- Ein gemeinsames übergeordnetes Ziel stärkt das WIR-Gefühl und somit die Teamarbeit. Dieser Erfolg ist nach innen wie nach aussen spürbar sowie messbar.
- Moderne Führungs- und Arbeitskultur, denn Klarheit über die gemeinsame Richtung und den Zweck des wirtschaftlichen Engagements fördert Entscheidungsautonomie und einen höheren Grad an Selbstorganisation.
Ich sage KMUs: Liebe Unternehmer, teilt eure Ideen mit euren Mitarbeitenden
In Gesprächen mit KMUs fällt mir immer wieder auf, wie klar Unternehmenszweck und Werte für die einzelnen Führungspersönlichkeiten sind, aber wie selten dieses oft implizite Wissen mit Mitarbeitenden geteilt wird. Es herrscht das Verständnis, dass eine Klarheit darüber doch Selbstverständlichkeit wäre. Häufig erlebe ich KMUs als Rohdiamanten, die mit überschaubarem Einsatz von Ressourcen schöner und stärker strahlen könnten. Ich habe es mir daher zur persönlichen Mission gemacht KMUs, die den Mut haben, neue Wege zu gehen, dabei zu helfen, diesen kostbaren Schatz herauszuarbeiten und diesen intern sowie extern zu kommunizieren.
Warum ist es mir ein so starkes Anliegen, KMUs bei der Entwicklung und Vermittlung des Unternehmenszwecks zu unterstützen? Die Antwort liegt u.a. auch in meiner eigenen Erfahrung als Gründerin und Geschäftsführerin der Kommunikationsberatung Kontx. Mit viel Elan und Begeisterung bin ich tagtäglich am Schaffen. In der Anfangsphase war ich gelegentlich verwundert und leicht enttäuscht darüber, dass mein Team einen etwas neutraleren Zugang zur Arbeit wählte. In vielen Gesprächen fiel mir schliesslich auf, dass die Gründe für meinen inneren Antrieb und meine Motivation zwar für mich sonnenklar waren, aber nicht ersichtlich für meine Mitarbeiten.
Mein Credo: Das eigene Team am Purpose-Prozess beteiligen – diesen zu „ihrem“ machen
Zusammen als Team haben wir den Purpose unseres Unternehmens in Form einer Vision und Werten erarbeitet. Die Werte wurden für alle sichtbar und erlebbar als Plakate an die Bürowände gehängt, samt eines internen Handlungs- und Verhalten-Codex. So begleiten sie uns täglich in den Büroräumlichkeiten und erinnern uns an die gemeinsame Mission. Viel wichtiger ist, dass wir versuchen, die Werte im Alltag zu leben und stetig zu hinterfragen. Zu meiner Überraschung stieg das Engagement der einzelnen Mitarbeitenden durch die gemeinsame Entwicklung der Richtung und wofür wir stehen, deutlich an. Heute leben wir mehr Entscheidungsautonomie und daher auch einen höheren Grad an Selbstorganisation. Diese Erfahrung hat mir gezeigt, was für eine Kunst die Übersetzung des impliziten Wissens über Werte und Purpose der Geschäftsführung an die Mitarbeitenden tatsächlich ist.
Bei einigen unserer Kundinnen durfte ich beobachten wie sich Silo-Mentalität und ‚Ich‘-Denke durch gute Purpose-Aktivierung zu einem ‚Wir‘-Gefühl wandeln kann. Trotz Krise werden diese Unternehmen dann auch wirtschaftlich erfolgreicher. Meine Erkenntnisse als Kleinunternehmerin, gekoppelt mit meiner langjährigen Erfahrung als Kommunikationsberaterin von Weltkonzernen sowie KMUs, bringe ich heute in die Gespräche mit Unternehmen ein.
Wie gehen wir bei Kontx in diesem Beratungsprozess konkret vor?
- In der ersten Phase wird durch Einzelgespräche und Mitarbeiterbefragung sowie Tiefeninterviews und einem möglichen Aufenthalt im Unternehmen eine Analyse der aktuellen Situation und des aktuellen Betriebs- sowie Arbeitsklimas erhoben.
- In der zweiten Phase arbeiten wir in Workshops den Unternehmenszweck sowie die Werte klar heraus.
- In der dritten Phase geht es um die Implementierung dieser Inhalte in die interne sowie externe Kommunikation und deren Implementierung in den Arbeitsalltag jedes Einzelnen. Je nach Unternehmen und Situation dauern die jeweiligen Phasen unterschiedlich lange.
Warum ist die Arbeit gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten wichtig? Der innere Antrieb von Arbeitnehmenden, trotz Gegenwind das Beste zu geben, ist eng mit dem Erkennen einer Sinnhaftigkeit ihrer Tätigkeit verbunden. Man bleibt bei der Sache selbst, wenn nicht alles nach Plan läuft. Hindernisse zu meistern, fällt um einiges leichter, wenn die Vision klar ist und somit die Stimmung im Büro nicht ausschliesslich an das Monatsergebnis gekoppelt ist.
Zum guten Ton moderner Unternehmensführung von grossen Unternehmen gehören daher heutzutage Instrumente wie Purpose-Workshops, Purpose-Days, interne Purpose-Aktivierungskampagnen für Mitarbeiter usw. Nun ist es an der Zeit, dass auch KMUs sich diesem Thema widmen und eine bisher unterschätze Ressource für sich nutzen.
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Links zu Studien:
Neuspur: https://neuspur.com/brand/purpose-branding-bei-kmu-unternehmen/
